Die Leichen des jungen Werther von Susanne Picard

Hallo Freunde,

Ich war schon immer ein großer Zombie-Fan. Ich kann nicht abstreiten, dass ich mir das ein oder andere Mal vorgestellt habe, wie es wäre, wenn tatsächlich eine Seuche ausbrechen würde. Die Faszination dem Alltag vollkommen zu entfliehen und gesellschaftlichen Zwängen nicht mehr unterworfen zu sein ist für mich zwar nicht erstrebenswert, aber doch hin und wieder zumindest für meinen Kopf eine rettende Insel. Dass man sich dabei auch noch gegen blutrünstige Monster behaupten muss und aufpassen sollte, dass man nicht infiziert wird, kommt dann einem Action-Game im Kopf gleich. Ein berauschendes und ermutigendes Mittel sein Ego ganz ohne Baller-Spiele zu steigern.
Aber nicht nur ich habe solche Gedanken, denn auch viele Autoren haben ihre Ideen zu diesem Thema veröffentlicht. Eine davon ist Susanne Picard. Die derzeit in Bonn lebende Lektorin, Übersetzerin und Autorin hat sich schon immer in der Fantasy-Welt wohl gefühlt. So ist es nicht verwunderlich, dass sie sich auch diesem Gebiet genährt hat.
Susanne Picard hat aus dem Klassiker „Die Leiden des jungen Werther“ von Johann Wolfgang Goethe einen überaus interessanten Zombie-Roman gemacht. Hiermit ist sie einem Trend gefolgt nach dem alte und inzwischen ins Allgemeingut übergegangene Geschichten von den auferstandenen Leichen heimgesucht wurden.

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Wie von Goethe gewöhnt ist auch das Werk von Picard ein Briefroman. Der junge Werther schreibt mit seinem lieben Freund Wilhelm über all die Erlebnisse, welche in der Zeit geschehen, in der sie voneinander getrennt sind.
Von seinem Onkel, der Werthers ausschweifenden Lebenswandel nicht mehr finanzieren mag, wird er in das beschauliche Wahlheim versetzt, wo er als Gerichtsreferendar das wahre Leben kennen lernen soll. Aus seinem Alltag gerissen trauert der junge Mann vor allem, weil er die wunderschöne Theresie nicht mehr sehen kann, an die er sein Herz verloren zu haben glaubt. Zunehmend schwärmt er von der fahlen Blässe ihrer Haut, ihrer vornehmen Einsilbigkeit und ihrem charmanten Desinteresse. Und er flucht über die Eigenartigkeit der Bewohner von Wahlheim. Diese glauben allen Ernstes an wandelnde Untote, die die Tiere auf den Weiden reißen. Erst als Werther die Tochter des Richters kennen lernt vermag er wieder das Schöne in der Welt wahr zu nehmen. Die junge Lotte übertrifft selbst Theresie in ihrer Fahlheit, ihrer Einsilbigkeit und allem was sich Werther unter vollkommener Schönheit vorstellen kann. Und nicht nur das: Sie zeigt auch dezentes Interesse an dem jungen Mann, der sie nun regelmäßig besucht. Doch dann erscheint der sehr schmucke und beeindruckende Zombiejäger Albert Kästner auf der Bildfläche, der nun ebenfalls reges Interesse an Lotte hegt. Zusammen mit ihm beginnt er die Untoten zu jagen, obwohl er trotz sich häufender Beweise noch immer nicht an sie glauben mag, kann und will.

Nachdem ich das Buch entdeckt hatte, war ich gespannt, wie sich die Zombies wohl ausdrücken werden und ob es dem Original nah kommt. Zunächst einmal bin ich jedoch froh, dass ich mit relativ niedrigen Erwartungen an die Geschichte ran gegangen bin. Goethe war noch nie mein Fall und Briefromane schon gar nicht. (An jene, die darüber nur den Kopf schütteln können und sagen, dass Goethe doch der Größte aller was war etc.: Schlechte Erfahrungen in der Schule machen viel kaputt.) Der einzige Grund, warum ich es mir doch zugelegt habe war die Neugierde, was wohl aus dem Klassiker gemacht wurde. Und die Zombies.
Allerdings muss ich gestehen, dass ich leicht von den fleischfressenden Biestern enttäuscht war. Sie waren viel zu zurückhaltend. Wenn im Gehirn nur noch die niedersten Instinkte funktionieren, sollte man doch davon ausgehen, dass sie sich nicht wie ein kleines Schaufensterpüppchen auf das Sofa setzen und die Lebenden betrachten ohne über sie her zu fallen. Oder dass sie erst zum Metzger gehen, um sich ihr Fressen zu besorgen. Also kann man fest halten, dass Picard hier die standardisierte Form der lebenden Leichen bis ins bizarre verändert hat. Wenn man sich jedoch darauf einlassen kann, so macht das Buch vor allem durch die Jammerei von Werther Spaß, der nicht selten wie ein Volltrottel rüber kommt. Im Schnitt fand ich das Buch unterhaltsam, ein zweites Mal würde ich es jedoch nicht lesen wollen. Mir sind richtige Zombies lieber als ein braves-Mädchen-Abklatsch, der im hübschen Kleidchen mit Körbchen auf Nahrungssuche geht.
Wenn man es allerdings nicht als Zombiebuch, sondern als Gesellschaftskritisches Werk betrachtet, so finde ich die Aussage dahinter wundervoll. Nichts sagende Püppchen gieren nach den Männern, bis sie ihnen das Gehirn aus dem Kopf gefressen haben und schwächliche Weicheier stehen ganz oberflächlich auf die hübschen nichtssagenden Dinger. Der Humor hinter dieser Aussage gefällt mir und ich habe Freude daran sie auf die aktuelle Gesellschaft zu beziehen.

Wer also nicht mit dem Wunsch nach blutrünstigen Zombies an das Buch ran geht, der kann sich auf ein recht amüsantes Werk freuen, durch welches man einen viel positiveren Blick auf das Leben bekommen kann. Denn die Jammerei des Werther veranlasst einen selbst das Leben nicht so trist zu sehen, wie er es tut.

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Susanne Picard
Die Leichen des jungen Werther
broschiert, 288 Seiten
ISBN: 978-3-8332-2256-6
12,95€ [D]
Panini
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Hinterm Deich: Thriller von Isabel Aigen

Hallo Freunde,

Am heutigen Tag möchte ich euch den Roman „Hinterm Deich: Thriller“ von Isabel Aigen vorstellen. Es handelt sich dabei um ein E-Book, welches derzeit 0,97€ auf Amazon kostet.

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Normalerweise bin ich sehr vorsichtig bei Krimis, weil ich schon sehr schlechte Erfahrung gemacht habe. Aber ich hatte Lust zu lesen und, wie das als Student nun einmal so ist: nicht viel Geld. Somit habe ich es mir kurzerhand herunter geladen und auch direkt durch gelesen. Lange habe ich dafür nicht gebraucht – nach einem Tag war ich durch und konnte noch den 20:15 Uhr Blockbuster gucken.

Handeln tut dieser Roman von einer jungen Frau (Katja), die mit ihrer Familie Urlaub in Nordfriesland macht. Ihr Mann, sowie Sohn und Tochter wissen jedoch nicht, dass sie diesen Ort ausgewählt hat um einem Geheimnis auf die Spur zu kommen. Katjas Tante war im Kindesalter mit der Familie schon einmal in der selben Straße, wo sich zu der Zeit eine junge Frau erhängt hat. Unter ihr wurde ein totes Neugeborenes gefunden. Ein grausames Trauma für das damals sehr junge Mädchen, was diese Gräueltat entdeckt hat.
Katja macht sich in Friesland angekommen auf die Suche nach dem Haus, vor dem die junge Frau gefunlden wurde. Allerdings ist dies schwierig, da nun alles anders aussieht, als auf den alten Fotos.
Ihren Vermieter fragt sie glücklicherweise nicht danach, jedoch spricht man bald in der ganzen Straße von ihr und ein Unglück verfolgt das nächste. Sie fühlen sich in ihrem Ferienhaus bald beobachtet, ohne Grund entsteht ein Feuer und Katja stößt auf eine Leiche.

Viel mehr möchte ich jedoch nun nicht über den Plot verraten, falls der eine oder andere noch Lust bekommt das Buch zu lesen.

Etwas was mich sehr an dem Buch irritiert hat war „die Stimme hinter´m Deich“. Zwischen dem Geschehen waren immer Monologe eingeblendet, von denen man bis zum Ende nicht sicher war, wer genau sie nun hält. War es der Mörder? Oder das tote Baby, welches unter der Frau gefunden wurde? Oder ein ganz anderer Geist, der die gesamte Geschichte von außen verfolgt und durch sie gelebt hat? Nachdem ich das Buch beendet hatte war dies das einzige, was mich wirklich verstört hat. Ich meinte zwar eine Ahnung zu haben, aber um das Rätsel komplett zu lösen fehlten mir doch einige Puzzleteile. Teilweise hatte ich sogar das Gefühl falsche Teile zu haben, weswegen ich das Bild nicht vervollständigen konnte.

Literarisch war dieser Roman keine große Herausforderung. Er war flüssig zu lesen, was sehr viel wert ist und relativ fesselnd. Obwohl die Geschichte teilweise platt war wollte man doch wissen, wie es nun ausgeht. Und um ehrlich zu sein: Ich hatte bis zum Schluss nicht vermutet, wie der Krimi ausmündet.
Allerdings hat die Autorin die Charaktere meiner Meinung nach nicht vollends ausgeschöpft. Viele wurden bis ins Detail erwähnt, allerdings hatten sie gar keine große Rolle. Und dann gab es Charaktere, die eine große Rolle hatten, aber nicht genug zum Zuge kamen. Ich war wirklich traurig, dass einige von ihnen in der Handlung vernachlässigt wurden.

Besonders schön waren die Erzählungen vom Friesland. Man hat sich direkt an das Meer gewünscht und die eigenen Kindheitserinnerungen an Urlaube waren geweckt. Zu schön war das Gefühl sich an den kräftigen Wind zu erinnern, der die Hitze von der Sonne hinfort trägt. Der Duft von Salzwasser und das Gefühl von Watt an den Füßen. Die Autorin hat es geschafft die Sehnsucht nach Urlaub an der Nordsee zu wecken. (Vielleicht sogar so sehr, dass ich diesen Sommer mal hin fahre.)

Ich bereue nicht diesen Roman gelesen zu haben. Im Gegenteil: Ich habe schon einiges anderes gelesen, wonach ich mehr das Gefühl hatte meine Zeit verschwendet zu haben. Die Geschichte ist zwar ausbaubar, aber der Schreibstil ist gut. Und wer nach angenehmer Urlaubsunterhaltung sucht kann hier nicht viel falsch machen.

 


 


 

Wer an diesem Buch interessiert ist sollte es sich einmal in Natura anschauen. Ich bin sehr interessiert wie euch diese Buchvorstellung gefallen hat.